Aktuell ist die Energieversorgung in Deutschland eine der sichersten der Welt. Der SAIDI (System Average Interruption Duration Index) Wert lag 2023 bei gerade einmal 2,4 Minuten durchschnittliche Stromausfalldauer. 2019, das letzte Jahr, in dem die Weltbank den SAIDI-Ländervergleich veröffentlichte, lag die Bundesrepublik auf Platz 13 von 144 Nationen. Der stark gestiegene Anteil erneuerbarer Energie im Netz ändert daran kaum etwas. Auch die aktuellen Gesetzesvorschläge der Bundesregierung zielen nicht ausschließlich auf die Versorgungssicherheit – auch wenn dies aktuell gerne als Begründung für die vorgeschlagene weitgehende Abregelung von Solaranlagen hervorgehoben wird. Vielmehr geht es auch um Geldfragen, die in Überschusszeiten durch negative Strompreise in der überholungsbedürfigen Finanzierungsstruktur unserer Energieversorgung entstehen. Aber eine zentrale Sicherheitsfrage muss dennoch beantwortet werden: Was ist mit Eingriffen von außen? Hier gab es in den letzten Tagen erschreckende Meldungen.
Die ComputerBILD titelte etwa am Freitag “Deye schaltet Wechselrichter in mehreren Ländern ab: Das können sie tun” und empfahl, nach Installation und Einrichtung “den Wechselrichter wieder aus den Apps der Hersteller zu löschen”, um einer Fremdbeeinflussung zu entgehen. Dieser Mischung aus Alarmismus und fragwürdigen Handlungsempfehlungen weckt das Bewusstsein dafür, aus welchem Hause das Medium stammt. Blickt man genauer auf den Sachverhalt, erweist sich die Skepsis als gerechtfertigt. Hier die Hintergründe:
Bereits vor zwei Wochen, am 17.11., hatte der US-TikToker “Derek the Solarboi” (31.000 Follower) in seinem Blog einige Meldungen einzelner Nutzer von Deye-Hybridwechselrichtern aus den USA und Kanada über eine am 15.11. auftauchende Warnanzeige auf deren Displays, dass der Betrieb des Geräts u.a. in den USA nicht gestattet sei, sowie deren Deaktivierung zusammengeführt. Er legte dabei sehr vorschnell die Vermutung nahe, dass Deye, ein auch hierzulande nicht unkritisch betrachteter Hersteller aus China, einfach “einen Hebel umgelegt” und alle von ihnen produzierte Wechselrichter in den USA ausgeschaltet hätte.
Vergangenen Mittwoch (27.11.) war das Thema dann auch bei deutschen Medien angekommen. Die Plattform Golem berichtete darüber und gab auch die Info eines Nutzers aus Deutschland weiter, dessen Deye-SUN-800-Wechselrichter fürs Balkonkraftwerk im selben Zeitraum den Dienst quittierte. Der Autor des Artikels, der Sachbuchautor und IT-Blogger Günter Born, ließ dabei am Ende des Artikels wissen, dass dieser Vorfall “ein Weckruf an die Gesellschaft” sein sollte und warnte vor “extremen Spannungsschwankungen und in Folge durch Notabschaltung von Netzen” dem obligatorischen “Blackout”. Weitere Medien wie Heise, msn und eben die ComputerBILD folgten in unterschiedlicher Tonlage.
Nachdem das Thema nun ausreichend hochgekocht war, reagierte nun auch Deye und klärte auf. In Wirklichkeit handele es sich bei der Warnmeldung um eine automatisierte Meldung, die nur auf schwarz importierten und nicht mit den lokalen Netzanschlussbedingungen in den USA konformen Wechselrichtern auftauchte. (Der einzige Anbieter, der Deye-Technik in den USA anbieten darf, ist Sol-Ark aus Texas. Dieser verkauft aber alles unter Eigennamen. Wenn Nutzer also Deye-Wechselrichter monieren, muss es sich um einen selbst über Direktimport eingekauftes Gerät sein, das womöglich nicht für den Betrieb im US-Stromnetz zugelassen ist.) Ein interner Sicherheitsautomatismus erkenne, wo das Gerät steht und wenn es nicht den dortigen Bedingungen entspricht, werde diese Meldung automatisch angezeigt und der Betrieb aus rechtlichen und aus Sicherheitsgründen eingestellt. Warum dies am 15.11. gesammelt vorkam, wurde nicht erklärt. Warum der Wechselrichter eines einzelnen Nutzers aus Deutschland am selben Tag aussetzte, ist ebenfalls unklar. Weder in einschlägigen Foren noch Facebook-Gruppen sind weitere Meldungen dieser Art zu finden, was bei mehreren hunderttausend Deye-Geräten, die in Deutschland betrieben werden, folgern lässt, dass es keine Abschaltungen gegeben hat.
Fazit bisher: Einige Menschen betreiben Geräte falsch, was durch den Hersteller unterbunden wurde, woraufhin diese Menschen sich im Internet beschweren, was von Medienmachern dankbar zum Anlass für Skandalisierung und Angstmache zum Zwecke der Klick-Generierung genommen wird.
Es geht den Medien dabei nicht um die Sache selbst. Anders ist auch etwa der von der ComputerBILD empfohlene Wechsel von der Messung der Erzeugung über die App des Wechselrichters auf die Messung über einen Smart-Plug nicht zu erklären. Einerseits gibt es bei Deye nämlich gar keine eigene App, sondern die Einbindung erfolgt über die Solarman App von IGEN Tech. und zudem darf man dreimal raten, aus welchem Land die meisten Smart-Plugs kommen und wer daher auch den Cloudzugriff und damit auch die potenzielle Abschaltung verwaltet…
Was wirklich gegen kritische Eingriffe in die deutsche Energieversorgung hilft: Dezentralität und gesunder Wettbewerb.
Dezentrale Energieerzeugung ist wesentlich widerstandsfähiger gegen Eingriffe von außen als wenige zentrale Kraftwerke, die bei Abschaltung aufgrund von Hackerangriffen gleich einen riesigen Anteil aus der Energieversorgung reißen. Eine stärkere Kontrolle der entsprechenden Produkte durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und der Bundesnetzagentur ist nur eine Frage des politischen Willens.
Ein gesunder Wettbewerb von Systemen führt dazu, dass ein einzelner Hersteller keine Systemrelevanz erreichen kann. Gesund bedeutet aber auch Wettbewerb auf Augenhöhe. Was China an die Weltspitze für die Zukunftstechnologie Photovoltaik gesetzt hat, war die massive Förderung für die dortigen Hersteller durch die dortige Regierung und zugleich die mutwillige Zerstörung des europäischen Vorsprungs auf diesem Gebiet durch gezielte politische Entscheidungen insbesonderer deutscher Regierungen in den frühen 2010er Jahren (spezifisch durch das EEG 2012 aus der Feder der damaligen Schwarz-gelben Bundesregierung).
Eine gezielte Förderung auf deutscher oder europäischer Ebene für den Erhalt zumindest einer Resilienzreserve an heimischen Produktionsstätten ist daher ein naheliegender Schritt. Diesen hatte das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck für Deutschland vorgeschlagen, wurde aber letztlich durch die FDP verhindert. Wir geben uns damit aber nicht zufrieden.
Dezentrale Energieerzeugung und gleichzeitiger Erhalt von Wertschöpfung in Deutschland und Europa sind zentral für eine Energiewende, von der alle sicher profitieren können!
Daher haben wir in den letzten Wochen gemeinsam mit unseren Freunden von der AG Balkonkraftwerk, welche diese Überzeugung teilen, mit viel Energie an der Gründung einer Organisation gearbeitet, welche sowohl die verstärkte Dezentralisierung durch Steckersolargeräte als auch Erhalt und Ausweitung deutscher und europäischer Wertschöpfung mit ganzer Kraft in die Politik trägt – egal unter welcher Regierung! Dies haben wir mit der nun erfolgten Gründung des Bundesverband Steckersolar e.V. erreicht! Hier die offizielle Erklärung der AG-Balkonkraftwerk hierzu.
Alle, die mit uns gemeinsam diese Ziele jetzt und auch in Zukunft sichern möchten, können ab sofort unserem gemeinsamen Verband beitreten!
Werde jetzt Mitglied und arbeite mit an der Energiewende in Bürgerhand!