Das Ende der aktuellen Legislaturperiode kommt mit Riesenschritten näher. Das ist auch daran zu erkennen, dass die Bundesregierung aktuell mit großer Intensität Gesetzesentwürfe und -anpassungen herausgibt. Wie alles, was mit heißer Nadel gestrickt ist, sind diese in einigen Teilen nicht wirklich ausgereift und mitunter sogar richtig problematisch. Das liegt auch daran, dass in der Eile die Vorschläge von Interessensgruppen nicht mehr in der Tiefe hinterfragt werden. Für die geplanten Änderungen am aktuellen Energie-Gesetzespaket des BMWK ist das zwar nicht nachgewiesen, aber eins ist sicher: Sie stammen mit Sicherheit nicht aus der Feder von Freunden der Energiewende in Bürgerhand.
Bei den anstehenden Anpassungen des Energierechts über den “Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung” gibt es gerade in Hinsicht auf Balkonsolar-Speicher noch einiges zu verbessern. Spezifisch fehlt eine Gleichstellung mit Steckersolargeräten, ein Nullsteuersatz und die Förderung durch variable Netzentgelte für netzdienlichen Einsatz. In den letzten Tagen wurde allerdings nun bekannt, dass zwischenzeitlich einige neue Anpassungen am Entwurf vorgenommen wurden, welche eine ganze Reihe neuer Probleme aufwerfen:
Vergütungsstopp bei negativen Strompreisen
So sollen durch Änderung des EEG alle neuen PV-Anlagen über 2 kWp (also alle außer Steckersolargeräte) in Zukunft keine Vergütung mehr erhalten, wenn der Börsenstrompreis negativ ist. Damit soll gegen die – aufgrund des erfolgreichen Solar-Ausbaus bei gleichzeitig durch die Netzbetreiber verschlafener Digitalisierung und Flexibilisierung des Stromnetzes – steigenden Kosten für Verbraucher durch negative Strompreise vorgegangen werden.
Der Entwurf sieht die Möglichkeit vor, die so verpassten Vergütungen am Ende der Nutzungsdauer nachträglich auszahlen zu lassen. Diese Option relativiert zusätzlich noch den durch das drohende Wegfallen der Vergütung entstehenden “Anreiz” dazu, die Solaranlage mit einem entsprechend großen Speicher netzdienlicher zu machen. Zudem lastet es die Kosten nach Ablauf der Förderdauer – also in 20 Jahren – der Folgegeneration auf. Nachhaltigkeit geht anders.
Besser und auch wesentlich fairer wäre hier ein positiver Anreiz über reduzierte und ggf. sogar negative Netzentgelte für netzdienliches Einspeisenwie, wie wir ihn bereits für Kleinspeicher mit und ohne PV fordern. Das regt die Anschaffung von privaten Speichern und deren intelligente Steuerung an, denn das kann sich dann auch finanziell schnell lohnen. Zudem sorgt es dafür, dass der Solarausbau wie benötigt weiter gehen kann. Ein Schrauben an dern Vergütungssätzen hingegen wird erfahrungsgemäß viele Menschen von eigenen Solarprojekten zurückschrecken lassen.
Anpassung Zählergebühren
Zudem sollen die Preisobergrenzen für Stromzähler im Messstellenbetriebsgesetz (MSbG) angepasst werden. Dabei steigen im Vergleich zu den bereits nach Gesetzesbeschluss in 2023 festgelegten Gebühren die Kosten für einen Smart Meter bei Nutzung von PV-Anlagen deutlich an. Zudem soll bei allen Anlagen über 2 kWp (also alles außer Steckerkraftwerke) eine Pflicht zur Steuerbarkeit durch den Netzbetreiber hinzukommen. Die Gebühr für die dazu notwendige Technik schlägt dabei zusätzlich mächtig zu Buche. Hier die Übersicht:
Haushalte mit einem Verbrauch zwischen 6.000 und 10.000 kWh im Jahr – also Eigenheimbesitzer mit E-Auto und/oder Wärmepumpe, die nun nicht direkt auf Begünstigungen angewiesen sein dürften – sollen übrigens im gleichen Atemzug von der Pflicht zum Smart-Meter befreit werden. Als Betreiber einer PV-Anlage entgeht man der Pflicht zum Einbau von Smart-Meter und Steuerung – und damit auch der höheren Gebühren – nach dem neuen Entwurf jedoch, in dem man eine Nulleinspeisung sicherstellt, also die Anlage selbsttätig abregelt, wenn sie mehr erzeugt als verbraucht oder gespeichert werden kann.
Das setzt die völlig falschen Impulse! Es führt dazu, dass Neuanlagen möglichst nur am Eigenverbrauch orientiert sind und entsprechend kleiner gebaut werden, statt eine netzdienliche Einspeisung von Überschüssen zu fördern. Auf diese Weise wird eine dezentrale erneuerbare Energieversorgung, von der alle profitieren, unmöglich. Insbesondere lässt es erneut die Bedeutung von dezentralen Speichern außer Acht, welche einen wesentlich sinnvolleren Beitrag zur Stabilisierung des Netzes leisten könnten, als das massenhafte Abregeln von kleinen Aufdach-Solaranlagen.
Besonders bitter: Wer seinen Smart-Meter schon früher haben will, als der Netzbetreiber ihm zugesteht, der bezahlt nach neuem Plan eine Zusatzgebühr von einmalig bis zu 100 Euro und bei Jahresverbräuchen unter 10.000 kWh und / oder Betrieb eines Balkonkrafwerks kommt da noch eine eine laufende Zusatzgebühr von nochmal 30 Euro jährlich dazu. Eine Bestrafung derjenigen also, welche sich früh in die Energiewelt der Zukunft integrieren wollen.
Verlangsamte Ausstattung
Zu allem Überfluss sieht der Entwurf eine Verlangsamung der Ausstattung mit den neuen Zählern vor. Bei Anschlüssen mit Verbrauch von über 100.000 kWh und/oder 100 kWp PV-Leistung sollten etwa nach aktuell gültigem Recht bis Ende 2028 20%, bis Ende 2030 50% und bis Ende 2032 90% aller Anschlüsse ausgestattet werden. Alle übrigen Anschlüsse sollten bis Ende 2025 zu 20%, bis Ende 2028 zu 50% und bis Ende 2030 zu 95% ausgestattet werden. Stattdessen soll es nun sehr gemächlich losgehen: Erstmal sind nur die neuen Anlagen des jeweils vergangenen Jahres bzw. der vergangenen zwei Jahre auszustatten, dafür soll es dann ab 2028 ganz schnell gehen: binnen vier Jahren fast alle verbleibenden Anschlüsse. Wer Marathon läuft, weiß, dass es keine gute Idee ist, sich für das Ende einen langen Sprint in doppelter Geschwindigkeit vorzunehmen.
Und Balkonkraftwerke?
Klassische Steckersolargeräte nach der EEG-Definition (2 kWp, 800 VA) sind von den Änderungen zwar nicht betroffen, aber Varianten mit Zusatzgeräten wie Speicher oder Stromwächter durchaus. So wurde keine Angleichung der Regeln für Steckerspeicher an diejenigen für Steckersolargeräte vorgenommen, keine Regelungen für den netzdienlichen Einsatz von Kleinspeichern und Kombi-Geräten eingeführt und auch keine Ausnahme für Geräte mit Stromwächter vorgesehen, welche bekanntlich höhere PV-Leistungen als 2 kWp bei gleichbleibender Sicherheit gewährleisten. Gerade letztere könnten durch die erhöhten Zähler- und Steuerungsgebühren in der Wirtschaftlichkeit stark eingeschränkt werden
Wir sind uns sicher: So darf das Gesetz auf keinen Fall in den Bundestag! Zumindest aber darf es nicht unverändert wieder hinaus. Darum arbeiten wir gemeinsam mit unseren Freunden von der AG Balkonkraftwerk bereits an einer Strategie, die Probleme, welche der Entwurf über das Aufwerfen unnötiger Hürden angehen will, stattdessen über eine sinnvolle (und profitable) Einbindung der Bürger zu lösen.
Unsere Lösung sieht ein gesetzlich gewährleistetes Angebot der Netzbetreiber vor, die netzdienliche Nutzung von Speichern über variable Netzentgelte profitabel zu machen. Die Steuerung von Verbrauchsgeräten nach §14a EnWG greift hier zu kurz, da sie keine Möglichkeit für viele kleine Speicher vorsieht, in Überschusszeiten gemeinsam die Erzeugungsspitzen aufzunehmen und in Engpasszeiten netzstützend einzuspeisen. Dies wäre technisch bereits heute mit einer Vielzahl an Geräten möglich. Alles was fehlt, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür. Wie das genau aussehen kann, wird aktuell ausgearbeitet. Aber wenn es soweit ist, hoffen wir auf deine Unterstützung bei der Durchsetzung!
Wenn du schon jetzt etwas mehr dazu erfahren willst, empfehlen wir die Aufzeichnung des Events “Energiewende 2.0” der Reihe “Europe Calling”. In dieser fasst der Akkudoktor Andreas Schmitz ab Minute 42:21 die wichtigsten Punkte zusammen. Auch die anderen Beiträge, insbesondere der von SFV-Geschäftsführerin Susanne Jung, sind sehenswert.