Während sich Steckersolargeräte in Europa rasant verbreiten, bahnt sich im Schatten technischer Komitees ein folgenschwerer Rückschritt an: Der aktuelle Normentwurf IEC 60364-7-751, der künftig als globaler Standard für Niederspannungs-Stromerzeugungsanlagen gelten soll, enthält Regelungen, die faktisch einem Verbot von Steckersolar-Geräten gleichkommen könnten.
Konkret geht es um Abschnitt 751.550.101.1, in dem es heißt:
“A generating set shall not be connected to a final circuit.”
Diese Formulierung würde bedeuten, dass keine steckerfertigen Solargeräte (die genau das tun: sich an einen vorhandenen Endstromkreis anschließen) mehr erlaubt wären. Eine Technologie, die in Deutschland bereits millionenfach installiert ist, gälte damit de facto auf internationaler Ebene als nicht mehr konform – eine fatale Signalwirkung auf künftige Normungsvorhaben für laienbedienbare Energieechnik im In- und Ausland.
Auch der ergänzende Absatz 751.550.101.2 gibt Anlass zur Sorge. Dort heißt es:
“The connection of the generating set to the electrical installation shall be made by one of the following methods: […] a dedicated coupling system which is not compatible with any configurations belonging to national systems based on IEC 60884-1 […]”
Diese Formulierung zielt direkt auf den Ausschluss von Schuko-kompatiblen Steckern ab – dem in vielen Ländern etablierten Standard für sichere, netzkonforme Steckersolargeräte.
Besonders kritisch: Der Vorstoß zur Verhinderung von Plug-In-Solar geht offenbar maßgeblich von einigen wenigen Ländern aus, darunter die Niederlande und eventuell Schweden. In beiden Ländern ist seit Längerem eine gewisse Zurückhaltung gegenüber der Technologie bekannt – sei es aus regulatorischen oder energiewirtschaftlichen Gründen. Doch statt im offenen politischen Diskurs auf EU-Ebene über Chancen und Risiken zu debattieren, wird nun offenbar versucht, über technische Normung auf IEC-Ebene eine globale Blockade zu errichten. Das ist nicht nur undemokratisch, sondern untergräbt auch die technologieneutrale Marktregulierung, auf die sich die EU eigentlich verständigt hat.
Der Branchenverband SolarPower Europe äußert sich in seinem kürzlich veröffentlichten Bericht hierzu klar:
“Mandatory installation by an electrician and bans on plug-in connectivity are key obstacles for democratizing solar access.” Übersetzt: “Die Pflicht zum Anschluss durch einen Elektriker und Verbote von Anschluss per Stecker sind zentrale Hürden für eine Demokratisierung des Zugangs zu eigener solarer Stromerzeugung.”
Mit der geplanten Normierung würden potenziell Millionen Haushalte, insbesondere Mieter und einkommensschwächere Gruppen, von der Möglichkeit ausgeschlossen, selbst Teil der Energiewende zu werden. Dabei zeigen aktuelle Studien und Marktanalysen, dass Plug-In-Systeme hohe Selbstverbrauchsraten, geringe Netzauswirkungen und hohe Sicherheit bieten.
Technische Standards sollen Sicherheit gewährleisten – nicht politische oder wirtschaftliche Interessen kaschieren. Der nun vorliegende Entwurf tut Letzteres: Statt sich an den technischen Gegebenheiten und dem Stand der Forschung zu orientieren, wird eine Trennung nach Anschlussart (Stecker vs. Festinstallation) konstruiert, die fachlich nicht haltbar ist.
Moderne Plug-In-Systeme erfüllen die Anforderungen an Schutzklassen (IP2X), verwenden geprüfte Wechselrichter und bieten intelligente Einspeisesteuerung. Selbst der VDE arbeitet bekanntlich aktuell an einer eigenen Produktnorm, die genau diese Aspekte berücksichtigt und Plug-In-Systeme als sichere Haushaltsgeräte etabliert und die in Kürze erscheinen soll.
Ein globaler Standard, der zentrale europäische Energiewende-Technologien ausbremst, darf nicht verabschiedet werden. Die EU hat sich mit der neuen Strommarktrichtlinie 2024/1711 explizit zur Förderung von Plug-In-Solartechnik bekannt – nun muss sie sich auch in der Normungspolitik dafür einsetzen.
Die Politik ist gefordert, sich auch im Rahmen der IEC aktiv gegen diesen Entwurf zu stellen. Wir haben im Rahmen des Bundesverbands Steckersolar e.V. (BVSS) bereits Kontakt zu Entscheidern aufgenommen und werden auch auf europäischer Ebene dafür kämpfen, dass diese Norm nicht so verabschiedet wird, wie aktuell geplant. Auf bundesverband-steckersolar.de findet sich die Möglichkeit, die Arbeit des Verbands mit einer Fördermitgliedschaft zu unterstützen.