Das drohende Verbot von Balkonkraftwerken auf internationaler Ebene (wir berichteten), sorgt weiterhin für Bangen bei den Millionen von Nutzern der kleinen Kraftwerke und vor allem bei denjenigen, die es noch werden wollen. Und tatsächlich beinhaltet das unter der Bezeichnung “IEC 60364-7-751” durchgeführte Normungsvorhaben der internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) Regelungen, welche die Nutzung kleiner Kraftwerke unmöglich machen könnten. Allerdings ist das nicht zwingend ein Grund für Panik, denn in Deutschland gelten die IEC Regeln nicht unmittelbar. Vielmehr werden diese durch den Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) auf die deutschen Gegebenheiten hin angepasst. Nach aktuellem Stand sieht es so aus, als wäre das auch hier der Fall. Ein Vertreter des Bundesverband Steckersolar e.V. war bei der ersten entscheidenden Sitzung des zuständigen IEC Gremiums (TC64 WG48) dabei und konnte uns aus erster Hand berichten:
Nach seiner Aussage wurde beim verantwortlichen Gremium bereits eine Bitte um eine nationale Ausnahme für die deutsche Norm DIN VDE 0100-751 vorgelegt, mit der die IEC Norm für Deutschland umgesetzt werden soll. Dies betrifft offenbar vor allem die vorgesehene Pflicht zu einer dezidierten Stromleitung für den Anschluss. Hier sieht die Normenlage in Deutschland bereits seit der Novelle der VDE V 0100-551-1 in 2017 eine Möglichkeit zur Einspeisung in die bereits vorhandenen Stromkreise ein, sofern sichergestellt ist, dass diese nicht überlastet werden. Mit der Neufassung der Niederspannungsrichtlinie VDE AR N 4105 in 2018 wurde hierfür indirekt eine Leistungsgrenze von 600 VA (W) eingeführt, welche genau dies gewährleisten soll.
Hintergrundwissen: Mit dem Solarpaket I in 2014 zog der Gesetzgeber bekanntlich eine neue Grenze für Steckersolargeräte ein, diesmal 800 VA (W). Dies deckt sich mit Regelungen des EU Netzkodex, welcher eine Grenze von 800 VA (W) für die “Signifikanz” von Anlagen festschreibt. Allerdings legte das Solarpaket zugleich fest, dass die anerkannten Regeln der Technik – in der Praxis meist mit den VDE-Normen gleichgesetzt – dennoch gelten. Da eine geplante Anpassung der VDE AR N 4105 noch aussteht und eine neue Produktnorm ausschließlich für Steckersolargeräte DIN VDE V 0126-95 – welche ebenfalls die 800 VA (W) festschreibt – zwar bereits fertig gestellt ist, aber erst zum Jahresende veröffentlicht werden soll, gelten daher in der Theorie noch die 600 VA (W). In der Praxis ist jedoch auch der Anmeldeprozess im Marktstammdatenregister bereits auf 800 VA (W) ausgelegt und es gibt netzseitig auch keine Gründe, welche dagegen sprechen.
Offen bleibt hingegen auch im Entwurf der DIN VDE 0100-751 das in der IEC-Vorlage bestehende Verbot für Standard-(Schutzkontakt-)Stecker. Allerdings findet hierzu aktuell ein Einspruchsverfahren statt, welches eine Angleichung an die neue Produktnorm DIN VDE V 0126-95 erreichen könnte, welche die Verwendung von Schutzkontakt-Steckern unter klaren Rahmenbedingungen zulässt. Die nationale Normung ist angewiesen, in sich widerspruchsfrei zu sein, daher hat dieses Anliegen gute Chancen, Gehör zu finden.
Grundsätzlich sind, so der Mitarbeiter, viele von den internationalen Entscheidern in der verantwortlichen IEC Arbeitsgruppe noch nicht wirklich mit der Materie vertraut und sind zu einem guten Teil auch skeptisch. In anderen Ländern ist die Technik aber eben auch noch nicht so verbreitet wie in Deutschland. Noch wurde nach aktuellem Kenntnisstand nichts finales entschieden, die Diskussion wird daher voraussichtlich erst einmal auf dem nächsten Treffen des Gremiums im Dezember in Frankreich fortgesetzt. Der Ausgang ist aber vorerst ebenso ungewiss, wie die Diskussion um die vom IEC Ergebnis abhängige deutsche Spiegelnorm. Bei letzterer werden die entsprechenden Verhandlungen noch im Oktober beginnen. Auch hier sind wir über den Bundesverband involviert und werden mit ganzer Kraft für den Erhalt der einfachen Nutzung von Steckersolargeräten eintreten.
Die Arbeit bei der Normung auf nationaler und internationaler Ebene ist mit viel Aufwand verbunden. Wenn du uns dabei unterstützen möchtest, dann hast du hier die Möglichkeit dazu:
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