ES IST GESCHAFFT!
Nachdem Bundestag und Bundesrat in den letzten Wochen den Weg für die Privilegierung von Steckersolargeräten in Miet- und Eigentumswohnungen frei gemacht hatten, ist das entsprechende „Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ am vergangenen Mittwoch veröffentlicht worden und damit seit Donnerstag gültig.
Diese Gesetzesänderung trägt zur Entbürokratisierung bei und schafft damit neue Freiheiten für die Bürger, sich konstruktiv und kostensparend an der Energiewende zu beteiligen. Mieter und Wohnungseigentümer sind nun nicht mehr der Willkür von Vermietern und WEGen ausgeliefert. Es erlaubt zudem Unternehmen, neue innovative Produkte und Wertschöpfungsmodelle zu schaffen. Deutschland kann durch die mit dem Solarpaket 1 und dem nun geltenden „Recht aufs Balkonkraftwerk“ erreichten Möglichkeiten seine Position als weltweiter Spitzenreiter bei der Nutzung von Steckersolargeräten weiter ausbauen.
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ist zudem die letzte offene und zugleich die Hauptforderung unserer Balkonsolar-Petition aus dem letzten Jahr erfüllt. Damit können wir einen weiteren Punkt von der Liste an Hürden streichen, zu deren Abbau unsere Leser uns vor fast genau zwei Jahren aufgefordert haben.
Zu diesem Erfolg haben aber viele beigetragen. Die AG Balkonkraftwerk mit dem AkkuDoktor, Balkonsolar Freiburg, eigenenergiewende.de, klimaschutz-im-bundestag.de, SunCrafter und dr-bene.de, das Team von BMWK-Staatssekretär Sven Giegold, und natürlich die 100.000 Unterzeichner der #Petitionbalkonsolar. Zudem aber auch die vielen Aktivisten / Entscheider, die in den letzten Jahren den Weg für das Balkonkraftwerk geebnet haben. Darunter Thomas Seltmann, Stefan Krauter, Martin Hundhausen, Markus Vietzke, Simon Niederkircher, Ralf Haselhuhn und Jörg Sutter von der DGS, Erhard Renz, Wolfgang Müller vom Solar-Info-Zentrum und viele, viele andere.
Allerdings, so viel Bescheidenheit muss sein, ist der Erfolg nicht ganz vollständig. So folgte der Gesetzgeber in seiner Entscheidung etwa nicht den Hinweisen der Expertinnen und Experten aus den Anhörungen zum Gesetz sowie dem Umwelt- und Wirtschaftsausschuss des Bundesrates. Diese forderten u.a., auch größere Solaranlagen und Speicher mit in die privilegierten Maßnahmen aufzunehmen. Angesichts der stark steigenden Nutzungszahlen von steckerfertigen Heimspeichern und neuer Technologien zu deren netzdienlichem Betrieb, zur gemeinsamen Nutzung erneuerbarer Energien (GGV, Energy Sharing) sowie zum sicheren Anschluss höherer PV-Leistungen durch Laien, ist dies dringend nachzuholen.
Zudem bleibt auch außerhalb der Gesetzgebung noch einiges offen. So wird etwa bei der Gestaltung der elektrotechnischen Normen noch immer die Frage nach der zulässigen Maximalleistung und der Art des Anschlusses diskutiert. Während die Gesetzesvorlagen hier Grenzwerte von 800 Watt beim Wechselrichter und 2.000 Watt bei den Solarmodulen festlegen, sieht die kurz vor der Veröffentlichung stehende Entwurfsfassung einer VDE-Produktnorm für Steckersolargeräte bislang eine niedrigere Modulleistung vor. Und auch die Zulässigkeit des Anschlusses mit dem gebräuchlichen und bewährten Schutzkontaktstecker (sog. Schuko-Stecker) ist dort noch immer nicht abschließend geklärt (die letzte noch offene Forderung unserer Leser). Zuletzt belegt nun auch noch die aktuell im Entwurf vorliegende Niederspannungsrichtlinie VDE AR-N-4105 Plug-In Speicher mit zusätzlichen Hürden (wir berichteten).
Die Petenten sowie Vertreter der wachsenden Plug-in Solar-Branche sind folgerichtig froh über das Erreichte, erwarten jedoch auch, dass noch weitere Arbeit nötig ist, um die Energiewende von unten vollständig umzusetzen.
“Mit der Gesetzesänderung wird der Anteil der potenziell aktiven Teilnehmer an der Energiewende auf einen Schlag verdoppelt. Mieter und Wohnungseigentümer waren bisher von der Erzeugung und Nutzung eigener Energie in weiten Teilen ausgeschlossen. Dies ändert sich nun endlich. Die Privilegierung von Steckersolargeräten bedeutet quasi eine Beweislastumkehr, sodass Balkonkraftwerke nun grundsätzlich freizugeben sind und nur aus berechtigten Gründen abgelehnt werden können.”
Sebastian Müller, Balkon Solar e.V. / AG Balkonkraftwerk
“Die im Bereich Steckersolar aktiven Unternehmen haben in den vergangenen Jahren viel investiert und große Innovationskraft unter Beweis gestellt. Mit der Entfesselung des Marktes, welche die Entbürokratisierung herbeiführen kann, sind die Grundlagen für ein weiteres Wachstum der Branche gelegt.”
Christian Ofenheusle, EmpowerSource UG / Bundesverband Steckersolar e.V. i.Gr.
„In Beratungsgesprächen, bei Veranstaltungen und in Workshops zum Thema Steckersolar ist in den vergangenen 1,5 Jahren immer wieder klar geworden, dass viele Menschen die Umsetzung dieses Vorhabens sehr genau verfolgen, dieses Recht symbolisiert einfach pragmatische und sozial durchdachte Energiewendepolitik zum Anfassen. Es ist gut, dass das Recht auf Balkonsolar jetzt in Kraft tritt, viele haben schon zu lange darauf warten müssen.“
Lisa Wendzich, SunCrafter GmbH / AG Balkonkraftwerk
“Es ist richtig und wichtig, dass die Privilegierung nun gilt. Allerdings lässt das Gesetz offen, welche Gründe für eine Ablehnung jetzt noch ausreichen. Hier muss das Justizministerium, aus dessen Feder das Gesetz stammt, dringend nachsteuern und Leitlinien für die Rechtsprechung veröffentlichen. Andernfalls wird es absehbar zu einer Klagewelle kommen. Die AG Balkonkraftwerk hatte hierzu bereits umfassende Vorschläge veröffentlicht,, die bislang nicht umgesetzt wurden. Spätestens jetzt muss das nachgeholt werden.”
Dr. Andreas Schmitz, Akkudoktor.net / AG Balkonkraftwerk
Mit dem Inkrafttreten des “Rechts aufs Balkonkraftwerk” ist also ein Meilenstein geschafft, aber die Arbeit für die Energiewende von unten geht weiter. Das Recht der Bürger auf Erzeugung, Speicherung, Nutzung, netzdienliche Einspeisung/Bezug und auf das Teilen von Energie muss noch an vielen Stellen erkämpft werden. Wir bleiben dran!
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